Letztens saß ich vor dem Fernseher, hörte die monoton sich wiederholenden Worte eines Nachrichtensprechers und versank in einen tiefen Schlaf. Ich träumte der Fernseher hätte sich in ein mystisches Medium verwandelt, dass mir eine düstere Botschaft ins Ohr flüsterte: ein Prophet und seine Jünger verkündete eine Apokalypse: nicht die Sintflut, auch nicht die Pest, die Pandemie!
Unantastbare heilige Zahlen beschworen fortan Tag für Tag den Weltuntergang. Die Bibel dieser neuartigen säkularen Weltreligion war nicht das heilige Buch, sondern die heilige Zahlenmystik aus dem Pharmahimmel, die nur durch den Propheten und seinen Jüngern richtig gedeutet werden konnte. Fernseher und Handy hatten sich in göttliche Prophezeiung verwandelt. Sie verkündeten täglich neue mystische Zahlen, die das unermessliche Ausmaß der Katastrophe verdeutlichten.
Die Schafe der Hirten gerieten in Angst und Schrecken. Wie beim Rosenkranz wiederholten und verbreiteten sie verzweifelt das Mantra der heiligen Zahlen.
Der Mensch hat sich die Natur Untertan gemacht,
aber jetzt schlägt die Natur mit voller Wucht zurück,
schlimmer als die Pest!
Verseucht durch den Killervirus entpuppte sich die Natur so als das schlechthin Böse und durch die Ursünde ihrer Sterblichkeit waren die Schafe ihr hilflos ausgeliefert.
Doch der Prophet verkündete Abhilfe, es würde in naher Zukunft eine Erlösung geben.
Bis dahin aber müssten sie den Göttern Opfer bringen.
Und Gott gab seinen Schafen heiliges Wasser, um sich so vom Schmutz befreien und rein waschen zu können. Und die Schafe machten sich dieses neue religiöse Ritual der Taufe zu eigen und wuschen und wuschen sich.
Doch den Herren der Schöpfung war dieses Opfer nicht genug und er befahl seinen Schafen, sich zu isolieren und Abstand zu halten.
Die Schafe, die Kontaktwesen sind, litten sehr und fingen an zu motzen und hielten sich nicht immer an den Vorgaben dieser trabshumanistischen Moral.
Da wurde der Herr böse und verbot ihnen das Wort und setzte ihnen Masken auf.
Doch angesichts des Versprechens einer Erlösung gehorchten nun die Schafe blindlings und sogar die kleinen Schafe übten sich fleißig im Maskenspiel.
Und so wurde die Maske zum Symbol dieser neuen Weltreligion. Die transhumanistische Weltgesundheitsreligion war geboren.
Entmündigt, isoliert und vom Waschzwang ausgelaugt war das Leben der Schafe sehr beschwerlich geworden. Immerhin konnten sie sich so vor dem satanischen Virus halbwegs schützen. Doch einige hatten die Hoffnung auf eine Erlösung nicht aufgegeben und der Prophet und seine Jünger vertröstete sie.
Dann endlich wurde das Werk der Erlösung vollbracht. In seinem Pharmahimmel gelang es dem Pharmagott endlich den neuartigen mRNA-Impfstoff zu kreieren. Sogleich wurden alle Schafe per Impfpflicht von ihrem schrecklichen Leid befreit.
Diese heilige Impfung war zugleich der Initiationsritus in den neuartigen Pharmahimmel der Human-Gentechnologie.
Den Pharmagöttern war es bislang zwar gelungen, Pflanzen und Tiere gentechnisch zu optimieren – jetzt aber war endlich der Mensch an der Reihe, das heißt seinesgleichen und seine Untertan. Der Übermensch war geboren.
Und der Killervirus war gebannt.
Aber schon bald ging es den Schafen erst richtig schlecht.
Ihr natürliches Immunsystem war bei all den religiösen Wasch- und Abstandsriten völlig verloren gegangen und so wurde jeder harmlose Schnupfen plötzlich zu einer großen Gefahr.
Doch schon bald gab es auch hier neue Impfstoffe aus dem Pharmahimmel. Der Pharmagott und seine Jünger perfektionierten zunehmend ihre Humangentechnologie und so gelang es Ihnen analog zum PC-Virenupdate mit monatlichen Impfupdates zumindest den Auserwählten eine halbwegs sichere Existenz auf diesen leider Gottes verseuchten Planeten zu gewähren.
Mit seinen Auserwählten hatte der Hygienegott aber noch was ganz Großes vor:
Die Erlösung des Menschen von seiner Urschuld – seiner Sterblichkeit!
Und endlich war es vollbracht.
Der Mensch hat sich selbst zum Gott gemacht
und seine Sterblichkeit abgeschafft.
Sein heiliges Reich ist nicht non dieser Welt, nicht vom Himmel, nicht von der verbrauchten Erde – ertönte es in meinen Ohren.
Natürlich, der Exoplanet – und ich erwachte aus einem Traum.
Die „Weltgesundheitsreligion“ – Ein Alptraum